Man bezeichnet es immer wieder als die Spitze des Linux Desktops, da man halbjährlich veröffentlicht, dabei immer sehr aktuell ist und dabei auch immer die neuesten Entwicklungen einfließen lässt. Wenn sie denn gut genug sind.

GNOME 43, Linux Kernel 6.0, Pipewire – alles ganz normal mit Fedora.

Dennoch gab es Probleme mit der Hardware, die teils gar nicht zu lösen war. Ansonsten trafen uns viele typische Linux Probleme.

Installation

Die Installation war für Fedora eigentlich ganz in Ordnung, der Installer hat noch immer ein eigenwilliges Design, aber ich konnte das System ohne größere Probleme, verschlüsselt auf einer externen NVME SSD installieren.

Für jeden mit etwas Erfahrung also machbar.

Start

Der erste Start war dann etwas Überraschung. Der neue PC hat eine AMD 6900HX CPU mit einer Radeon 680M iGPU, sollte also keine großen Probleme bereiten mit der aktuellen Version.

Doch da war ein Problem und blieb auch: Das gesamte Bild war überscharf gezeichnet. Jede Schrift war übertrieben knackig und jede Kante unnötig scharf. Out of the box war das also nicht gerade gut, auch wenn sonst alles lief.

Überscharfe Schriften und Kanten

Das hatte ich bei Ubuntu auch, dachte allerdings, dass Fedora mit einem neueren Kernel hier bereits eine Lösung hätte. Aber nein, leider wurde der Start damit gleichmal vermiest.

Design

Das Design von Fedora orientiert sich wie immer sehr nahe an GNOME. Das macht alles recht unspektakulär, aber auch klar und dennoch modern.

Hier hat sich in den letzten Jahren ja viel getan, dadurch wirkt Fedora 37 wiedermal moderner als so manche andere Distribution, oder sogar andere Systeme, die nicht auf Linux basieren.

Schade, dass man hier noch nicht auf eigene Akzentfarben setzt, wie man es bei Ubuntu mittlerweile kennt. Etwas GNOME-Typisches ist auch, dass man den User nicht so wichtig empfindet, möchte man sagen. Da wo andere eben Akzentfarben anbieten und einfach den User hin und wieder wo hinschreiben, so ist in GNOME und somit Fedora, der User eher jemand drittes, vom Gefühl her.

Apps

Man findet eine Auswahl an notwendigsten Apps, dabei Thunderbird, Firefox und LibreOffice. Damit kann man schon zum Arbeiten anfangen.

Das Software Center baut auf Flatpak auf, zumindest für die meisten Apps, was ich weiß wird der gesamt Flatpak Store aber erst mit der nächsten Version komplett geöffnet.

Das ist eine eigentlich komische Vorgehensweise. Man möchte ja ein System für alle liefern, dabei eben freie Software priorisieren. Gleichzeitig nimmt man dem User die einfache Möglichkeit, zu installieren, was man braucht. Das finde ich wiederum nicht so gut.

Außerdem fehlen nach wie vor als Beispiel Zenkit Apps, was aber wohl eher am Hersteller dieser Apps liegt, weil nur Snaps unterstützt werden. Also nach wie vor ein weiterer nerviger Punkt, da man eigentlich auch Snaps installieren müsste, um alle Apps nutzen zu können.

Work

Im Alltag sollte das System wie immer ja keine Probleme machen, oder?

Nextcloud war im Software Center gleich gefunden und installiert, sogar Chrome war damit schnell am Start.

Hier fing es aber bereits an: Man braucht die GNOME Erweiterungen App, weil sonst keine Hintergrundapps per Icons angezeigt werden. Was der Nextcloud Client ganz offensichtlich ist. Immerhin waren die AppIndicatoren direkt aktivierbar. In der nächsten GNOME Version wird sich dem aber angenommen, wenn auch etwas halbherzig, wie mir vor kommt.

Neuerdings stopft man bei GNOME alles in den System Status rechts oben, mit Expansions-Menü und so weiter. Also ist die Lösung für ein altes Problem, wieder viel Klicken. Gratuliere. Wieder kann man wohl nicht aussuchen, ob die Icons oben dauerhaft angezeigt werden. Gratuliere. Schon das Herunterfahren braucht extrem viele Klicks, weil man sich nicht erbarmt, etwas besseres zu machen, als ein weiteres Expansions-Menü. Leider kommt einem das vor, als ob man etwas vergessen hätte, oder zu stur ist etwas lange vorher umzusetzen, nun aber einen Kompromiss eingeht. Naja.

Nextcloud sucht das eigene Icon

Der nächste Spaß, neben der bereits erwähnten übertriebenen Schärfe der Anzeige des gesamten Systems, war, dass in Chrome die Farben alle ausgewaschen waren. Wobei scheinbar nicht vom Inhalt, aber Chrome ansich. Icons, oder die rote Markierungen unter einem falsch geschriebenen Wort, die somit eher altertümlich wirken.

Lange Mauswege und unnötig viele Mausklicks sind leider genauso nervig, wie, dass man Fenster nicht einfach minimieren kann. Für GNOME gibt es eine Tastenkombination (Super+H), aber bei Fedora spart man sich die Minimieren-Taste bei den Fenstern. Somit ertappt man sich oft dabei, einen Rechtsklick auf die Apps zu machen, und dann auf Minimieren zu klicken. Ist das wirklich im Sinne des Erfinders? Wirkt eher so, als ob man Menschen, die nicht wie Erfahrene am Keyboard hängen, benachteiligt. Warum? Weil man minimalistisch aussehen will? Weil man den Desktop-Computer blöd findet? Ich weiß es nicht. Hier habe ich einen kleinen Test mit einem Erst-Fedora-User gemacht, der sich recht gut mit Windows auskennt. Und ja, man war sehr schnell genervt und das Unverständnis war auch groß, weil man das einfach oft nutzt.

Hier muss man aber auch klar sagen: Ansich mag ich das Konzept von GNOME, Minimalismus kann etwas wunderbares sein. Ignorieren oder nicht Akzeptieren wie Menschen im Alltag Systeme nutzen, hat aber nichts mehr damit zu tun. Also wieder einfach Unverständnis und auch ganz klar, warum Ubuntu hier nachbessert. Fedora und GNOME machen hier die Usability, damit auch die Produktivität zunichte. Und niemand würde von sich aus auf die Tastenkombination kommen.

Arbeiten lässt sich wie immer ganz gut, aber viele Kleinigkeiten machen einem das Leben unnötig schwer.

Desktop

Wie öfter schon erwähnt, ist der Desktop nach wie vor etwas nervig zu bedienen.

Das liegt vor allem an der einfachen Tatsache, dass das Dash, also wo meine Favoriten-Apps, unten am Bildschirmrand sind. Man muss das Dash aber erst öffnen, was am besten mit der Super/Windows-Taste geht. Nur mit der Maus bedeutet das: Hot-Corner nutzen, oder auf Aktivitäten klicken. Beides ganz links oben.

Also muss ich meistens per Maus erst ganz nach links oben, um dann ganz nach unten in die Mitte zu fahren. Auf einem 29 Zoll Monitor in 21:9 ist das mit sehr viel Spaß verbunden wenn man viel zu tun hat und wirkt einfach unglaublich umständlich.

Viel Weg für die Maus, wenn man alleine das Dash öffnen möchte

Hier also wieder die Kritik, dass man sich augenscheinlich bei GNOME nach wie vor nicht zu sehr um den normalen Desktop kümmert.

Es gibt kein einblendbares Dock, dieses kann nur unten sein, man kann nicht am unteren Bildschirmrand mit der Maus das Dash triggern und öffnen.

Bitte liebe Entwickler: Versucht das System mal nur mit der Maus zu bedienen und schenkt dem Desktop mit großen Monitoren endlich etwas Zeit und Liebe. Immerhin ist das euer Haupteinsatzort, das scheint euch aber nicht klar zu sein.

GNOME ist eine der beiden großen Desktop-Shells die es für Linux gibt, womöglich sogar die meistgenutzte. Und auf was konzentriert man sich? Tablets und neuerdings auch Smartphones? Touchscreens und Fingerbedienung? Nur ein kleiner Tipp: Know your audience. Ich bin mir sicher, dass 99 % Desktops und Laptops verwenden.

Windows-Apps

Kurz gesagt: Fragezeichen. Fedora kann mit einer EXE Datei so gar nichts anfangen, zumindest von Haus aus.

Im Software Center findet man zumindest den “Wine Windows-Programmstarter”, der vielversprechend klingt. Einmal installiert, reagiert das System zumindest anders, EXE Dateien werden immerhin versucht aufgemacht zu werden. Aber auch eher versucht.

Bottles tut was, und doch nicht

Conclusio

Gemischte Gefühle und typische Linux Problemchen. Fedora 37 hinterlässt leider einen Geschmack der Unbrauchbarkeit auf lange Sicht.

Und ja: Vieles davon ist nicht nur auf Fedora bezogen.

Mal was nicht so gut war:

– Übertrieben scharfes Bild über das ganze System, wohl wegen “neuerem” AMD Prozessor und iGPU
– WINE und Bottles waren nicht wirklich nützlich
– Monitor-Standby konnte nur durch Monitor komplett ab und anschalten beendet werden
– Usability am Desktop nach wie vor schlecht, wenn man nicht ständig die Tastatur verwenden will/kann bzw. weiß wie es geht
– Keine App-Indikatoren für Hintergrundprogramme
– Keine Möglichkeit das Dash als Dock stets anzuzeigen, zu verschieben oder überhaupt was daran zu ändern
– Minimieren von Apps sehr umständlich, führt oft zu vielen offenen Programmen was der Übersicht und somit der Usability schadet
– Oft unnötig lange Mauswege
– Oft unnötig viele Klicks
– System sehr auf Tastatur ausgelegt, für Laien nicht immer ideal, wird auch kaum erklärt und sollt auch nicht grundsätzlich verlangt werden
– System am Desktop scheinbar wenig optimiert, oder Interesse daran
– Öffnet man eine App die bereits auf einem anderen Desktop geöffnet ist, wird zwar ein Hinweis angezeigt, muss diesen aber klicken um auch dorthin zu gelangen
– Das App-Menü ist, völlig durcheinander, mit allen Apps voll gestopft – man nutzt die Ordner nicht von Beginn an
– Keine Akzentfarben, auch wenig Fokus auf den eigentlich User

Das App-Menü organisiert sich nicht von alleine

Wie öfter in letzter Zeit bei Linux Distributionen, hat man bei GNOME und damit auch Fedora das Gefühl, dass einerseits etwas weiter geht, andererseits aber wiederum nicht genug.

Was es anstrengend macht, ist die Tatsache, dass so vieles gut und richtig gemacht wird, die vielen Kleinigkeiten die nicht funktionieren, aber alles zunichte machen.

Man hat das Gefühl, dass die Entwickler das eigene System nicht selbst verwenden, nicht auf den einfachen User hören oder ihn Ignorieren, Entwicklungsziele nicht in die Richtung gewählt sind, es zu wenig Arbeitskraft in der Entwicklung gibt, oder auch einfach wenig Interesse gibt den klassischen Desktop zu verbessern, weil das im Gegensatz zu wirklichen Neuerungen, langweilig ist. Darauf hätte ich wirklich gerne ein Feedback!

Fest steht leider dieses mal, dass das System nur schwer zu empfehlen ist. Das mag auch der “neuen” Hardware zu schulden sein, auch wenn der AMD Ryzen 9 6900HX bereits 400+ Tage alt ist, während dem Test. Auf Ubuntu gab es ähnliche Probleme mit der Anzeige.

Somit: Hardwareunterstützung leider nicht so gut, GNOME am Desktop weiterhin nur “okay” und viele Linux-Typische Kleinigkeiten, machen einem das Leben unnötig schwer.

Es braucht leider noch viel um gut zu werden. Dabei ist man aber auch noch weit weg von sehr gut.

PS:

Würde mir eine Spendenaktion für GNOME wünschen, damit hier, ähnlich wie bei Thunderbird, endlich mehr Boden gut gemacht werden kann

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