Für viele ist Linux Mint vor allem eines – ein perfekter Windows 10 Ersatz. Warum? Weil es wie Windows aussieht und sich zu einem großen Teil auch so bedienen lässt.

Aber schauen wir uns an, ob das heute noch ausreicht, oder zumindest etwas für diese Nische ist.

Installation

Die Installation verläuft, wie von vielen Linux Distributionen bekannt, recht simpel ab. Der Installer ist bekannt, für Neulinge womöglich ein paar Stolpersteine.

Man kann auch Multimediacodecs installieren, was ich auch gemacht habe. Denn ich will das System ja auch einige Zeit aktiv und produktiv nutzen.

Start

Der erste Start war entsprechend unspektakulär. Der Login-Screen ist auch schon etwas betagt, von anderen Systemen (von Früher allerdings), irgendwie bekannt.

Man wird von einem dunklen System erwartet, mit einem dunklen Wallpaper. Das mag nicht jedem gefallen, ist aber auch Geschmackssache. Windows 10 war ja auch eher auf der dunklen Seite.

Der Cursor ist auch schwarz und etwas mopsig, begrüßt wird man dann von einem “Willkommen” Programm, welches einen durch Farben, Treiber, Codecs, Updates usw. führt. Das ist ganz gut gedacht, für neue User aber auch etwas viel auf einmal. Immerhin konnte ich gleich nochmals Codecs installieren, Treiber habe ich keine benötigt.

Eine Willkommenstour als Begrüßung

Danach hab ich den Update-Manager geöffnet, der sich erstmal selbst geupdated hat, dann 600 Megabytes Updates, was beim ersten Start nichts Neues ist.

Hat man bereits Windows genutzt, findet man sich hier auch schnell zurecht. Links unten ist der Launcher, rechts die Uhr, dazwischen die Apps und Programme. Alles schonmal wo gesehen.

Die “Willkommen” App muss man übrigens deaktivieren, die kommt sonst immer wieder.

Design

Das System wirkt nach dem ersten Rundgang eher wie eine Mischung aus Windows und MacOS. Die Oberfläche ist wie bei Windows, Einstellungen sehen mehr nach MacOS aus. Fenster lassen sich wie beim Windows bedienen, erinnern aber wiederum an das alte MacOS.

Wenig überraschend kommt hier ein Gefühl von “altbacken” und “kenn ich” auf. Dennoch hat alles eine gewisse Eleganz, was darüber hinwegschauen lässt.

Das Design kann übrigens sehr aufwändig angepasst werden, startend beim “Dark Mode” bis zum Mauscursor, Icons und sogar der ganze Desktop, womit man wohl die Startleiste meint. Auch gibt es den Hintergrund im typischen Mint-Grün, das aber bei weitem weniger Verwendung findet, als in alten Versionen. Fensterdekorationen sind aktuell ein Blau, Ordner Gelb.

Insgesamt wirkt alles recht stimmig, ruhig und aufgeräumt. Das dürfte vielen gefallen. Wer ein modernes OS erwartet, kann hier aber enttäuscht werden.

Am ehesten hat mich die Icon-Parade an der Taskleiste etwas gestört, wenn man viele Apps und Programme offen hat. Das wirkt einfach sehr zusammengestopft in die linke untere Ecke, obwohl noch mehr als genug Platz vorhanden wäre. Etwas Abstand würde hier gut tun.

Apps

Mitgeliefert wird einiges um gleich produktiv zu sein. Darunter Firefox, LibreOffice (in einer über einem Jahr alten Version!), ein Rechner, Archivmanager, Dokumentenanzeiger, der typische Texteditor und sogar eine “Notes” App, welche kleine gelbe Zettelchen am Desktop ablegen lassen kann. Sehr nett wie ich finde.

Ein Backup-Tool finde ich ebenso noch, wie recht brauchbares Zeichenprogramm, das sehr an “Paint” erinnert. Sogar ein kleines Programm zum Mehrfach-Dateien umbenennen ist mit von der Partie.

Neben weiteren kleinen Apps hat sich auch Thunderbird (noch in der 102er Version) im Menü versteckt, ansonsten ist der meist auf der Taskleiste zu finden.

Software Manager ist besser geworden

Will man mehr Apps und Programme, öffnet man eben den “Software Manager”. Immerhin recht brauchbar, auch, weil Flatpak direkt integriert ist. Aber auch bei weitem besser, als beim letzten Test.

Da haben wir uns gleich Steam, Hedgewars und den Nextcloud Client besorgt. Teils als Flatpak, teils Pakete vom System, so wie es angeboten wurde. Also hat man hier wohl keine Referenzen, kann sich aber womöglich in der Programmversion unterscheiden. Wie bei LibreOffice, was mit Flatpak im Gegensatz ganz aktuell wäre.

Chrome wurde auch gefunden und von mir gleich installiert. Also auch hier wenig zu tun. VisualStudio Code hab ich auch noch installiert, man kann ja nie wissen.

Work

Nachdem ich mich in Nextcloud eingeloggt habe kamen erstmal einige Benachrichtigungen, dass Order über 500 MB hinzugefügt worden sind. Okay, ja, die gibt es schon länger. Dann wurde mal alles synchronisiert. Da man bereits LibreOffice hat, kann man mit Dateien direkt anfangen zu arbeiten. Ist man in Chrome angemeldet und hat in Thunderbird den Mailaccount eingerichtet, steht zumindest mir mal wenig im Weg.

Übrigens hat man nach einem Neustart auch wiedermal das Problem, dass man Nextcloud von Hand öffnen muss, obwohl es laut App automatisch starten sollte. Also hier wiederum in den Autostartprogrammen selbst Handanlegen.

Der Paint-Ersatz, daneben ein greller digitaler Post-It

Bilder können für normal nur angezeigt werden, der Paint Ersatz “Pencil” ist aber recht brauchbar, was zumindest kleine Bearbeitungen angeht.

Sonst ist es beinahe, wie mit einem etwas älteren Windows-Rechner. Die 11 natürlich ausgenommen. Sogar Tastenkombinationen wie Windows+E öffnen den Dateiexplorer, STRG+N öffnet neue Fenster und STRG+SHIFT+N erstellt einen neuen Ordner. Alles sehr bekannt für mich.

Das System versucht übrigens stets neue Fenster so anzuordnen, dass sie leeren Platz einnehmen. Das funktioniert mal gut, mal solala. Manchmal springt dadurch das Fenster an alle möglichen Stellen, wie wenn man Videos in verschiedenen größen öffnet.

Multimedia

Bilder wurden normal angezeigt, PDFs haben einen eigenen Viewer und auch MP4 mit H264 wurden gleich abgespielt. Das liegt aber womöglich an den Codecs die ich vorher bereits installiert hatte. Für den normalen Hausgebrauch also alles wunderbar soweit.

Laptop

Etwas eigenartig fand ich das mit den Gesten. Zwar kann ich am Touchpad mit zwei Fingern scrollen, aber erst das aktivieren von Gesten in den Einstellungen offenbarte mir etwas mehr Laptop-Fähigkeit des Systems. Im Gegensatz zu GNOME und Co. ist das zwar nicht so toll, aber immerhin besser als davor und wiedermal selbst zu konfigurieren.

Standby usw. funktionieren wie gedacht, oder eben von anderen Linux-Systemen bekannt.

Warum von Haus aus deaktiviert? Neulinge müssen das erstmal finden

Windows-Apps

Mit gewöhnlichen EXE Dateien kann das System von Haus aus mal nichts anfangen. Darum mal WINE als Flatpak installiert, was etwas Sucherei war im Software Manager, weil man eben umschalten kann zwischen den Quellen.

Einmal installiert, konnte ich meine kleinen Test-EXE-Dateien aber auch schon öffnen. Die Icons haben sich aber nicht verändert, so dass man glauben kann, es hat sich nichts getan. Aber es funktioniert soweit.

Games

Für Hedgewars ist der Laptop aus 2016 noch immer gut genug, Steam war auch schnell installiert über den Software Manager. Die neue Funktion, dass man Spiele über das lokale Netzwerk installieren kann, zahlt sich hier schon wieder aus – denn das ist immer merkbar schneller als ein neuer Download und schont sicherlich auch Ressourcen. Irgendwie zumindest.

Wie üblich aktiviert man in Steam Kompatibilitäts-Modus für alle Spiele, damit man auch alle Spiele für Windows installieren kann. Nach einigen Downloads für diesen Modus, kommt wiedermal Anno 1404 dran, allerdings mittlerweile in der “History Edition”. Die 3 Gigabyte werden über das Netzwerk mit hoher Geschwindigkeit übertragen.

Games werden im Netzwerk übertragen

Dazu haben sich noch Banished und Cities in Motion, sowie die grafisch leichteren Spiele “Another Brick in the Mall” und “Prison Architect” gesellt. Für einen alten Laptop genug.

Die beiden letzten Spiele haben sofort ohne Probleme gestartet, Prison Architect aber erst beim zweiten Anlauf, wegen des tollen Launchers der dazwischengeschaltet ist.

Banished war immer ein Kandidat der schnell lief, wie auch dieses mal. Cities in Motion ist auch für Linux freigegeben und startet ohne weiteres, ein schwarzer Bildschirm war aber alles, was ich zu sehen bekam. Schade. Wiederum beim zweiten Start ging es dann plötzlich.

Anno 1404 war immer mit Problemen behaftet. Neu ist die History Edition, die auch den Ubisoft Launcher beinhaltet. Ist wohl eine Trend noch etwas dazwischen zu schalten. Das alles dauerte noch länger. Nach einem weiteren Versuch hat der Launcher sich schon wieder upgedated und neu gestartet. Und nun? Da ich Ubisoft und Steam schon verbunden habe, musste ich mich nicht mehr einloggen und das Spiel startete sogar. Mit Videos, mit Menü und dann auch im Spiel mit 3D Grafik.

Gesamt merkt man aber, dass Spiele unter Linux, besonders unter Steam, einen merkbaren Sprung nach vorne gemacht haben. Und Linux Mint steht da auch nirgends im Weg, was auch schon gut ist.

Conclusio

Was einem der Test vor allem gesagt hat war, dass das System etwas langweilig ist. Doch: wenn man Windows nutzt, ist langweilig womöglich genau das Richtige. Warum? Weil das System nicht ständig nervt, es will nicht immerzu etwas, macht keine Werbung für irgendwas. Es ist einfach da und macht, was es soll. Das war schon fast angenehm.

Außerdem ist es schnell und für viele schon bekannt, was den Aufbau und die Funktionsweise angeht. Auch wenn sich gefühlt nicht viel getan hat seit dem letzten Test, außer, dass die Farbe Grün beinahe verschwunden ist. Viele kleine Verbesserungen machen das System aber besser und runder.

Wenn man das System in sich selbst kopiert...

Aber es gibt natürlich auch ein Aber. Wie, dass es eben nicht gerade modern wirkt. Dass die Icons unten in der Leiste unnötig eng zusammengestopft werden. Dass das Startmenü kaum etwas kann, außer Apps und Einstellungen finden. Dass Inkonsistenzen existieren, was Design und Funktionen angeht. Dass die Arbeit am Laptop nicht gerade perfekt ist. Außerdem ist man bei weitem nicht aktuell, mit Kernel 5.15 (Okt. 2021), X als Displayserver, und teils Produktivsoftware, die älter als ein Jahr ist.

Das alles muss aber nichts heißen, denn es ist ein (für mich zumindest) überraschend nutzbares System, wenn man keine Notwendigkeit für gänzlich moderne Systeme hat.

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