Ah, Linux Mint. Mit dem Cinnamon Desktop, wer es genau wissen möchte. Eine Hassliebe.

Dabei könnte 2025 das Jahr für das System werden, da es in vielerlei Hinsicht, wie schon öfter erwähnt, der Perfekte Linux-Ersatz für Windows 10 sein könnte. Ähnliches Design, ähnliche Handhabung.

Mit Version 22 auch wieder recht aktuell und bei wirklich schwachen Systemen kann man auch die Xfce Version verwenden, diese ist etwas abgespeckt, aber funktionell. Die MATE Version kann ich nur solala empfehlen, für Fans womöglich.

Mit Kernel 6.8, Unterstützung bis 2029 und Neuigkeiten wie Pipewire, GTK 4 und besseres (experimentelles) Wayland, auch zumindest reacht vorne dabei. Trotz der eigentlich konservativen Ausrichtung.

Installation

Die Installation ist typisch recht simpel gehalten, ich habe die gesamte Festplatte gelöscht und das System mit allen Codecs usw. installiert. Schnell ging es, keine 10 Minuten, doch Neulinge brauchen wie immer dabei Hilfe.

Start

Beim ersten Start zeigt sich das System schnell und ruhig. Das ist schonmal okay. Auch das Design geht Richtung Windows 10, was für viele sicher gut ist, das Startmenü ist traditionell und verständlich angeordnet und aufgeteilt. Also okay, wie gesagt.

Der erste Trigger wartet aber schon. Denn: Im Startmenü scheinen unter „Alle Applikationen“ hunderte Apps und Programme installiert zu sein. Aber nein, keine hundert natürlich, das ist aber eine etwas eigenartige, ja, Eigenheit von dem System. Scheinbar sind die meisten Einstellungen in kleinen Apps versteckt, also gibt es für jede Einstellungskategorie eine App.

Denn man findet da zum Beispiel „Datum und Uhrzeit“ im Startmenü. Klickt man dort, geht ein eigenes Fenster dafür auf. Geht man aber in die Einstellungen, gibt es das selbe Fenster in das Einstellungsfenster integriert. Da muss ich leider sagen: Das ist recht doof gelöst. Oder: Einfach geht anders.

Zweimal die selbe Einstellung - das macht vieles nicht gerade leichter

Das Gute an dem System ist: Wenn man sich mit Windows auskennt, oder älteren Systemen, dann findet man sich hier auch ganz gut und recht schnell zurecht. Umsteiger haben da ihre Freude und müssen sich nicht mit viel neuem herumschlagen. Vielleicht alles etwas zu dunkel für manchen Geschmack, aber das kann man ja umfangreich ändern.

Schnelleinstellungen rechts unten sind auch nicht meine besten Freunde bisher, für Bluetooth und Updates öffnen sich sofort neue Fenster wenn man darauf klickt, Benachrichtigen sind okay, WLAN, Lautstärke und Akku sind alle in kleine Mini-Menüs getrennt, das ist halt auch schon etwas altbacken. Auch der Kalender ist okay, man kann da sogar wieder die „Datum und Uhrzeit“ Einstellungen öffnen. Wieder im eigenen Fenster natürlich.

Design

Design ist so eine Sache bei dem System. Ja es ist recht stimmig und funktioniert, man hat aber das Gefühl, dass es einerseits eben ruhiger und traditioneller aussehen will, doch andererseits sind Icons dann wieder bunt und präsent.

Die Akzentfarben kann man entweder wie im Standardzustand zweigeteilt – blau für Knöpfe, und gelb für Ordner als Beispiel, oder alles in einer Farbe auswählen. Das mit dem Dark/Light/Mixed Modus dürfte vielen schon mehr als genug sein, Hintergrundbilder kann man ja auch immer anpassen.
Aber da kann man auch noch auf „Erweitert“ klicken und dort: Geht es runter in den Hasenbau. Da sind wilde Mischungen möglich – Mint-Y Style tut sich aber als angenehme und moderne Variante nicht grundlos in den Vordergrund. Das lasse ich auch lieber so.

Dabei lässt das System eher eine Mischung aus alt und neu zu und immerhin wirkt das ganze nach einer Zeit stimmig genug, dass man sich an nichts wirklich stört – anderes kann man aber wie gesagt selbst einstellen. Auch Schriftgrößen, Kontraste und andere Hilfen sind da und einsatzbereit.

Grundsätzlich würde ich meinen, dass auch die Vorgabe für einen Mixed Mode, also dunkle Startleiste, aber helle Fenster (anstatt nur hell oder kompletter Dark-Mode), für die Allgemeinheit und Umsteiger eine gute Wahl ist. Blaue Akzente und gelbe Ordner – da findet man sich schnell zurecht.

Das System weiß was es ist und wen es ansprechen will. Viel kann, nix muss.

Apps

Standard ist einiges vorinstalliert, man kann Dokumente ansehen und bearbeiten, man kann zeichnen, scannen und rechnen, Videos und Musik spielen – und braucht bisher nicht mal eine Internetverbindung. Dann gibt es Firefox und Thunderbird, da ist also schon einiges abgedeckt. LibreOffice, ein Kalender und ein paar Tools, wie auch eines für Datenbackups, runden das ganze ab.

Also kommt man schon mit einem frischen System ohne große Änderungen sehr weit, das ist gut und positiv anzusehen. Für den der mehr möchte, gibt es natürlich den Software Manager, wie er hier heißt. Der App Store oder was auch immer. Da gibt es nur eine wirklich wichtige Sache: Nicht-Verifizierte Flatpak werden nicht angezeigt.

Chrome wird vorerst nicht gefunden, kann aber in den Einstellungen geändert werden

Flatpak als Grundformat funktionieren und sind da und alles ist gut, aber Chrome als Beispiel, gibt es erst, wenn man das in den Einstellungen aktiviert. Muss man wissen. Nextcloud Client gibt es als Systempaket, kein Flatpak. Auch Thunderbird oder Firefox sind Systempakete, was okay ist, aber wenn man den Vorteil von Flatpak nutzen will, muss man eben die Vorhandene App zuerst löschen, dann per Flatpak wieder installieren. Vielen dürfte das egal sein, ich finde aber eine aktuelle und gut gewartete App wichtiger, als dass diese vom Systemanbieter ein neues Icon und Freigabe erhalten.

Das gilt übrigens auch für LibreOffice: Einerseits weil es eben einige Version zurück lag, in der Systemversion, andererseits war mir das Design einfach zu… hell und unübersichtlich. Die Icons auf hellem Hintergrund waren einfach eine Katastrophe, tut mir leid.

Work

Ist das System erstmal eingerichtet läuft es auch schön brav und rund.

Chrome ist installiert und synchronisiert, Thunderbird hat mein Mails parat und Nextcloud läuft im Hintergrund und startet ohne mein Zutun bei jedem Neustart. Man kann sogar rechts unten in die Ecke klicken und alle Fenster werden schlagartig minimiert. Und man wundert sich, dass man das tatsächlich immer mal wieder benötigt.

Negativ am Laptop war, dass es notwendig war, die Gestensteuerung erst zu aktivieren. Dafür kann man das wirklich umfangreich anpassen und eigene Vorlieben und noch viel mehr einstellen. Ich wusste auch nicht, dass 4-Finger nach oben und unten für die Lautstärke, so praktisch sein können. Scheint aber in Wayland experimental noch nicht zu funktionieren. Und: Scheinbar funktionieren die Gesten auch nach manchem Standby einfach nicht mehr. Am Morgen Laptop aufgemacht und Gesten sind einfach nicht verfügbar.

Die Einstellungen sind noch etwas schwierig im Alltag, aber man braucht sie ja nicht ständig

Leider muss man auch bei jedem Login und Start die Bildschirmhelligkeit des Laptops wieder neu einstellen, die ist immer auf Maximum. Wie bei Elementary OS merkt er sich scheinbar den letzten Status, geht aber dennoch im ersten Moment immer in komplette Helligkeit. Auch mit der Tastaturbeleuchtung war es das gleiche – standardmäßig immerzu aus nach einem Neustart.

Fenster kann man auch leicht links und rechts schieben und somit auf 50 % Teilung einstellen, irritierend ist, dass dies auch Vertikal der Fall ist, da man sonst Fenster einfach nach oben schiebt und diese dann Vollbild werden. Da eben nicht, da hat man ein breites Fenster auf 50 % Höhe. Halbgut, sozusagen. Oder halt zum gewöhnen, persönlich aber nicht meine Präferenz, lässt sich aber in den Einstellungen direkt umändern, wem das nicht passt. Schön.

Und Apropos Einstellungen: Diese sind ja als einzelne Apps und einigermaßen zusammengefasst als Einstellungs-App vorhanden. Das hat dann doch zu nerven angefangen wenn man sie immer mal wieder braucht. Immerhin kann man als Beispiel etwas im Start suchen, wie „Datum“. Dann öffnet man die App „Datum und Uhrzeit“. Will man dann gleich etwas anderes in den Einstellungen ändern, kommt man nicht drum herum, die aktuelle App zu schließen und die gewünschten Einstellungen neu zu öffnen. Und so oft verwende ich Einstellungen nicht parallel, dass dies für mich irgendwelche Vorteile bieten würde.

Gescheitert bin ich übrigens dabei, meine Tastatur auf Deutsch einzustellen, während das System auf Englisch eingestellt ist. Ist womöglich nicht ein alltägliches Problem, aber ich konnte einfach keine Einstellungen dazu finden. Später fand ich aber immerhin heraus, dass dies wohl ein Wayland Problem war, da dies noch experimentell ist.

Was mir auch nicht so gut gefallen haben, waren die gequetschten Benachrichtigungen. Ja sie sind okay, aber wie bei anderen Systemen verschwinden sie förmlich in der Taskleiste, öffnet man sie, hat man das Bedürfnis die vielen kleinen X zu drücken, weil auch der Knopf fehlt um alle zu löschen, da dies nur ein Text ist, den wieder mal keiner liest.

Multimedia

Fotos und Video kann man öffnen, bearbeiten aber dafür standardmäßig eigentlich gar nicht. Die Fotoanzeige kann maximal drehen usw. Dafür kann das die mitgelieferte App „Pix“, was eher ein Fotoverwalter ist. Geschmackssache muss man sagen, immerhin kann diese App aber auch normale Ordner anzeigen – man muss nichts importieren oder so, das macht mir die Sache schon viel sympathischer.

Musik ist auch ohne weiteres möglich, Videos abspielen, Vollbild, auch alles gut. Nur testweise habe ich eine neue App ausprobiert, Decibels. Diese soll eventuell in GNOME integriert werden. Etwas kontrovers, da es sich um eine App auf TypeScript Basis handelt. Entsprechend kann man das Flatpak installieren, passieren tut aber nichts wenn man es öffnet. Naja.

Desktop

Da das System sowieso eher auf traditionelle Stärken ausgerichtet ist, ist ein Desktopeinsatz sehr gut möglich und bietet mit der Taskleiste und den Funktionen alles wichtige, um effizient den Alltag zu gestalten.

Multi-Monitor

Per USB-C an einen externen Monitor angeschlossen, wird der Desktop sofort erweitert. Das passt soweit. In den Einstellungen war auch ein wechsel nur auf den 4K Monitor möglich, Skalierungen sind aber wiedermal nur in 100, 200, 300 und 400 % verfügbar. Wozu weiß ich nicht, da sogar 200 % schon übertrieben groß sind auf einem 4K Monitor. Also wie so oft Nachholbedarf, Hoffnung liegt da dann bei Wayland, könnte ich mir vorstellen.

Ach der Hintergrund blieb wie im Screenshot ersichtlich hängen, aber da es sich um Wayland handelt, drücken wir noch ein Auge zu

Windows-Apps

Wiedermal geht man auf die Suche nach WINE im Store.

Man wird fündig, sogar einige Male. Genau genommen findet man Version 5, 7 und 9, Systemapps und Flatpak. Womöglich ist das für manche ja gut, dass man verschiedene Versionen zur Verfügung hat, aber als Laie ist das nicht nett anzusehen und einfach nur verwirrend. Sollte klar sein.

Meine Wahl fiel auf ein Flatpak mit Version 9 (stable-24.08) und man konnte dann direkt EXE Dateien öffnen. Immerhin funktioniert es.

Sogar CPU-Z läuft über WINE

Games

Mit Steam und ein paar Spielen aus dem Store konnte ich direkt alles installieren und spielen, das lief einfach und entsprechend der Hardware, vor allem etwas ältere Spiele, auch flüssig. Also einem netten Spielchen hin und wieder steht nicht viel entgegen.

Etwas das doch eigenartig war: Steam Benachrichtigungen werden einfach mitten im Desktop angezeigt. Warum, weiß nur der Benachrichtigungsgott.

Conclusio

Linux Mint schafft es immer wieder zweigeteilt zu sein. Denn: Ja, das System funktioniert soweit einfach und spielt alle – wenn auch nicht modernen – Stückchen.

Und wiederum sagt manches in mir „Nein“, da das System langweilig und altbacken ist. Auch nach einem scheinbar großen Update wie die Version 22, muss man fast mit der Lupe nach Neuerungen suchen. Doch das ist eben nicht unbedingt etwas Schlechtes. Sogar ganz im Gegenteil würden viele sagen, da man sich hier immerhin sicher sein kann, dass das System zumindest in den Grundzügen einfach funktioniert und schon von Haus aus alles notwendige dabei hat.

Wobei auch nicht alles funktioniert wie man gesehen hat. Es hakt auch an manchen Ecken, Bedienungen und vor allem auf einem 4K Monitor macht das Arbeiten mit den Mini-Icons auf der Taskleiste keinen Spaß. Auch der Wechsel auf Wayland wollte dem nicht Besserung bringen.

Traditionelleres Design, an das man sich gewöhnen kann

Kann mal also auf komplette Aktualität verzichten und man mag sowieso lieber das, was wir als „traditionellen Desktop“ kennen, dann ist Linux Mint auch eine gute Möglichkeit, vor allem Windows 11 Upgrades zu entgehen und ein System zu erhalten, das meiner Meinung nach zwar womöglich in der Einrichtung nicht unbedingt Einsteigerfreundlich ist, doch mit der Konservativität und dem langen Updateversprechen einem einfach ein paar ruhige Jahre geben könnte, bevor man wieder Updaten oder Umsteigen muss oder möchte.

Also wer eher Ruhe und ein stabiles und nicht zu ausgefallenes System sucht: Hier sind Sie richtig.

PS:

Im Nachtrag kann man anmerken, dass der neue Release 22.1 gerade verpasst wurde, was schade ist, da hier scheinbar einige Design-Änderungen vorgenommen wurden. Das geht kurz gesagt eher Richtung GNOME, aber dafür etwas moderner.

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