Ist 42 nun die Antwort auf die „endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“? (Zitat: „Per Anhalter durch die Galaxis“). Und gleich vorweg: Nein, ist sie nicht.

Fedora Workstation setzt bekanntlich auf die GNOME-Oberfläche, die technisch und gestalterisch vieles richtig macht. Und doch hat man das Gefühl, sie kämpft seit Jahren mit einer gewissen Identitätskrise.

Zum Vergleich: Wir haben auch den Fedora KDE Plasma Desktop getestet – quasi die Schwester-Distribution. Und die Unterschiede könnten größer kaum sein. KDE Plasma ist ganz klar ein Betriebssystem für PCs: Taskleiste, unzählige Einstellungsmöglichkeiten, und ein Bedienkonzept, das sich seit Jahrzehnten bewährt hat.

GNOME hingegen will anders sein. Der Minimalismus wirkt durchdacht, reduziert, elegant. Doch genau dieser Anspruch kostet auch Substanz. Selbst auf einer eigentlich soliden Basis verliert sich GNOME oft – und vergibt damit Potenzial. Das ist besonders schade, weil das Grundkonzept durchaus massentauglich wäre – zum Beispiel für ein Gerät wie das Steam Deck. Nur: Dort will man GNOME offenbar gar nicht haben. Aber warum?

Und was genau meine ich mit „Identitätskrise“? Ganz einfach: GNOME läuft in erster Linie auf Millionen von Desktops – aber fühlt sich an, als wäre es für Tablets oder Smartphones gemacht. Die Entwickler haben den Anspruch ein System für jeden zu schaffen. Laut deren eigenen Umfragen (2023) benutzen aber scheinbar gerade mal 20 % das System pur. Sonst läuft mindestens eine Erweiterung um das System besser nutzbar zu machen. Also sind sogar die meisten eigenen Nutzer vom Grundkonzept nicht überzeugt.

Das Ergebnis: Fedora mit purem GNOME funktioniert auf dem Desktop nur bedingt. Auch wenn die Grundidee durchaus stark ist.

Installation

Wie so oft gilt: Die Installation von Fedora richtet sich eher an erfahrenere Nutzer:innen. Wer aber ein wenig Vorwissen mitbringt, ist meist schnell am Ziel. Fedora setzt auf ein bewährtes, funktionales Installations-Tool – wie bei vielen Linux-Distributionen ist ein gewisses technisches Grundverständnis aber von Vorteil.

Gerade bei mobilen Geräten wird, wie üblich, die Verschlüsselung des Systems empfohlen – und Fedora bietet diese Option auch weiterhin an. Leider bleibt es bei der klassischen Umsetzung: eine zusätzliche Passworteingabe direkt beim Systemstart. Das ist sicher, aber eben auch nicht besonders elegant.

Wann kommt endlich systemd-homed flächendeckend?
Das Konzept klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Der persönliche Home-Ordner wird verschlüsselt – und das ganz ohne doppeltes Passwort, direkt mit dem Benutzer-Login. Keine Terminal-Kommandos, keine manuelle Einrichtung. Vor allem: direkt integriert in die grafische Oberfläche.

Doch bislang bleibt systemd-homed eher ein Versprechen als Standard. Gerade für moderne Desktop-Nutzer:innen wäre das ein echter Fortschritt. Und Voraussetzung für ordentliche Windows-Konkurrenz.

Start

Wie schon oft erlebt, begrüßt einen Fedora nach dem Start mit einem beinahe leeren Desktop. GNOME-typisch ist dabei nicht nur die Fensterübersicht schon geöffnet, sondern auch die kleine Begrüßungs-App, die einen durch die ersten Schritte führt.

Und genau hier scheiden sich bereits die Geister.

Eigentlich mag ich GNOME – wirklich. Fedora liefert die Oberfläche in ihrer puren Form aus, ganz ohne zusätzliche Erweiterungen oder Anpassungen (wie Ubuntu als Beispiel). Und genau das ist auch mein Anspruch: Ich will GNOME so nutzen, wie es gedacht ist – nicht umbauen, nicht verbiegen, einfach verwenden.

Aber das ist eben leichter gesagt als getan.

Eine nette Begrüßung ist immer schön

Die kleine Einführung beim ersten Start ist nett gemacht und erklärt ein paar grundlegende Funktionen – aber eben auch nicht das ganze System. Ein paar Hinweise bekommt man immerhin: Die Super-Taste (also die Windows-Taste) ist zentral, ebenso die Suchfunktion und das Arbeiten mit virtuellen Arbeitsflächen.

Wer ein Touchpad nutzt, kann mit drei Fingern nach oben oder unten wischen, um in die Übersicht zu wechseln – genau wie mit der Super-Taste. Mit drei Fingern nach links oder rechts springt man zwischen den Arbeitsflächen hin und her.

Und genau hier zeigt sich ein Punkt, der sich durch das gesamte System zieht: Für wen ist GNOME eigentlich gemacht?

Optisch wirkt alles wie für die breite Masse gedacht – modern, aufgeräumt, clean. Die Bedienung hingegen richtet sich eher an Fortgeschrittene oder Leute, die bereit sind, sich einzuarbeiten. Intuitiv ist vieles jedenfalls nicht auf den ersten Blick.

Immerhin: Das Gesamtbild ist ruhig, durchdacht, professionell. Man sieht, dass hier viele Designentscheidungen nicht zufällig getroffen wurden – ob man sie mag, ist dann wieder eine andere Frage.

Design

Das Design ist, meiner Meinung nach, die große Stärke von GNOME. Es wirkt ruhig, reduziert und durchdacht. Klar erkennt man, wo man sich inspirieren ließ – von macOS, iOS, vielleicht auch Android – aber das Ergebnis ist stimmig: eine Oberfläche, die modern wirkt, ohne zu überfordern. Minimalistisch, aber auch nicht leer. Und vor allem: angepasst an den modernen User.

Wer aus der Welt von Tablets und Smartphones kommt, will kein System, das durch zu viele Optionen und Kästchen erschlägt. Genau da liefert Fedora mit GNOME in seiner Standardform: einfach, strukturiert, stilvoll. Mehr braucht’s auf den ersten Blick für die meisten nicht.

Auch in Sachen Personalisierung gibt es das Nötigste: ein bisschen Akzentfarbe, Dark Mode, Hintergrundbild – fertig. Und ehrlich: Wer glaubt wirklich, dass die breite Masse sich stundenlang mit Schaltflächen-Designs oder Farbtönen beschäftigt? Niemand.

Aber – und das ist der Knackpunkt – minimalistisches Design bringt Kompromisse mit sich. GNOME versucht hier, stets den besten Mittelweg zu finden. Mal gelingt das hervorragend, mal bleibt einfach zu wenig übrig. Für mich persönlich funktioniert das Gesamtbild erstaunlich gut. Für andere, die mehr „spielen“, tiefer konfigurieren oder mehr Kontrolle erwarten, kann es schnell zu eingeschränkt wirken.

Ein weiteres Problem zeigt sich dort, wo Design und Funktionalität ineinandergreifen. Dazu später mehr – aber ein Punkt sei hier schon genannt: GNOME fühlt sich oft mehr nach mobilem Gerät an als nach klassischem Desktop an. Die obere Leiste erinnert stark an Smartphones, eine untere Taskleiste fehlt komplett, und vieles dreht sich viel um Touch-Interaktion und Gesten.

Das ist ein Bruch mit der Realität der Zielgruppe: Die meisten nutzen Fedora auf einem Desktop oder Laptop – nicht auf Tablets, und schon gar nicht auf Smartphones. GNOME scheint das jedoch nicht vollständig akzeptieren zu wollen.

Apps

Fedora bringt – wie gewohnt – fast alles mit, was man für den Alltag braucht. Videos und Musik lassen sich direkt abspielen, Bilder kann man öffnen und sogar grob bearbeiten (Zuschneiden, Format ändern). PDFs werden im hauseigenen Viewer angezeigt. Aber zu den PDFs: Handschriftliche Notizen, Anmerkungen oder digitale Unterschriften? Fehlanzeige. Dafür braucht man nach wie vor eine separate App. Schade – denn gerade diese Funktionen gehören mittlerweile fast zum Standard.

LibreOffice ist ebenfalls mit an Bord. Was allerdings etwas irritiert: Fedora pflegt eine eigene Version im Repository, statt einfach die Flatpak-Variante aus Flathub zu nutzen. Ob das Vorteile hat? Gute Frage – mir ist keiner wirklich klar, wozu man das nach wie vor so macht.

Ein Fenster, welches man einfach zu oft sieht

Neue Software findet man, wie gewohnt, im „Software“-Store. Wer bei der Installation die Third Party Repositories aktiviert, bekommt beispielsweise auch Google Chrome angeboten – alles recht unkompliziert. Auch Updates kommen über diese App, Systemupdates brauchen einen Neustart, das ist aber nach etwas Gewöhnung auch okay. Ladezeiten dürften hier aber gerne besser sein – die nerven gerne mal mit Standbildern von 10 Sekunden und mehr.

Was allerdings weiterhin fehlt: Ordnung im App-Drawer. Also wenn man ein frisches System hat sind alle Apps einfach nebeneinander im Programmstarter verteilt. Keine Kategorien, keine Sortierung, keine Ordner – alles fliegt einfach rein. Wer’s aufgeräumt mag, muss selbst Hand anlegen.

Work

So. Fangen wir mal mit einem Hinweis an: Ja, ich habe versucht, die Bedienung (soweit ich sie verstanden habe) anzunehmen und zu nutzen. Ohne Hilfsmittel, ohne Add-ons oder sonst was. Man muss das Bedienkonzept also selbst verstehen und sich über Tage hinweg antrainieren. Das geht auch – und in vielen Bereichen klappt das sogar ganz gut. Aber ich klatsche hier jetzt einfach alles hin, was mir dabei aufgefallen ist.

Allen voran ein paar Tipps zur Bedienung:
Die Windows-Taste (Super-Taste) ist zentral – genau wie das Touchpad mit Drei-Finger-Gesten.
→ Super-Taste oder drei Finger Wischen nach oben bringt einen in die Übersicht.
→ Hat man keine Fenster offen, erscheint nur das Dash – die Schnellstartleiste.
→ Dort kann man Apps starten oder mit einem weiteren Wisch (nach oben) oder einem Klick auf den App-Launcher alle Apps durchsuchen.
Wichtig: Eine App kann entweder im Dash sein oder in der restlichen App-Übersicht – nicht an beiden Stellen.

Im übertragenen Sinne ist die Übersicht also das, was in anderen Systemen die Taskleiste ist – nur halt anders. Und, ehrlich gesagt, etwas umständlicher. Vielleicht arbeiten die GNOME-Entwickler auch immer nur mit einem oder zwei Programmen – am besten Maximiert und noch auf mehreren Arbeitsflächen.

Ein klarer Fehler ist, wenn man das System nur mit der Maus bedienen möchte. Und das ist ein echtes Problem, kommt mir vor.
Beispiel: Möchte man eine App aus dem Drawer öffnen, denkt man logisch – „Ich fahr mit der Maus an den unteren Bildschirmrand“. Aber da passiert: nichts. Man muss erst in die linke obere Ecke, dann runter zum Dash, und dann noch den App-Drawer öffnen. Auf einem 4K-Monitor? Ein echter Spaß.

Und dann hört man’s schon: „Verwend halt die Tastatur!“ oder „Nimm das Touchpad!“.
Aber erklär das mal deiner Mutter. Oder deinem Opa.
Wenn man die Leiste unten öffnen will, soll man nach oben fahren? Ja, logisch.

Man wundert sich nicht, warum Ubuntu hier mit einem eigenen Dock nachhilft. Der normale Nutzer verwendet eben die Maus. Erst fortgeschrittene User greifen verstärkt zur Tastatur.

Und was, wenn man gar keine Tastatur hat oder sie nicht nutzen will? Pech?
Dass das System immer noch auf reine „traditionellere“ Desktop-User pfeift, ist für mich unverständlich. Dabei müsste man das System gar nicht neu denken – ein paar Optionen würden reichen. Warum kann man das Dash nicht einfach dauerhaft einblenden? Warum reagiert es nicht auf Mausbewegung nach unten?

Verwendet GNOME bitte eine Woche lang nur mit Maus – auf einem 4K-Monitor. Und sagt dann nochmal, dass alles wunderbar ist.

Mir gefällt nach wie vor die Idee von „Devices“ – also Bedienkonzepte je nach Gerätetyp. Dash ein-/ausblenden, Position unten/links/rechts, Button-Größen anpassen – je nachdem, ob man Touch oder Maus nutzt.

Wie gesagt: Ich mag GNOME als Oberfläche. Aber pur ist es einfach nicht genug für ein kompetentes System am Desktop. Aber eigentlich ist es ein Desktop System, oder?

Die Übersicht: Praktisch und nervig zugleich

Was immer wieder auffällt: Es liegen Stolpersteine im Weg. Kleine, mittlere – und manchmal auch richtig große.

Ein Beispiel: Öffnet man rechts oben das Schnelleinstellungsmenü oder die Benachrichtigungen, funktioniert weder die Windows-Taste noch die Drei-Finger-Geste für die Übersicht. ESC drücken oder irgendwo klicken – sonst kommt man da einfach nicht mehr raus.

Nach wie vor großartig (im ironischen Sinne) finde ich die Entscheidung, auf Minimieren- und Maximieren-Knöpfe zu verzichten. Das Maximieren lässt sich immerhin durch Ziehen oder Doppelklick kompensieren. Aber das Minimieren? Muss ich wirklich jedes Mal Windows-Taste + H drücken oder mit einem Rechtsklick ganz oben im Fenster die Option „Verbergen“ auswählen?
Das ist für mich eines der größten Versäumnisse in diesem System. Es sagt mir einfach: Da arbeitet niemand wirklich so damit. Oder etwa doch, liebe Entwickler? Ich schätze eure Arbeit sehr – wirklich – aber wer ernsthaft arbeitet und Ordnung halten will, der minimiert Fenster. Oder bin ich der Einzige, dem das auffällt? Ich persönlich finde es jedenfalls praktisch, wenn ich Mails im Hintergrund empfangen kann, ohne Thunderbird ständig als vollständiges Fenster offen zu haben. Man neigt auch dazu Fenster eher zu schließen, weil Minimieren einfach unattraktiv wird. Das ist wie eine schlechte Kopie von MacOS: Dort laufen die Programme aber weiter wenn man sie schließt. Dennoch haben diese sogar einen Minimieren-Button.

Während des Tests hatte ich zudem immer wieder komplette System-Freezes – und das auch noch in der RC-Phase. Ob das jetzt an Fedora selbst oder an Drittanbieter-Apps liegt, kann ich nicht sicher sagen, aber es ist ärgerlich. Auch Nextcloud wollte irgendwann einfach nicht mehr im Hintergrund starten – und das ist richtig nervig. Man merkt es nicht, weil es ja keine direkt sichtbaren Icons oder Benachrichtigungen gibt (!). Irgendwann fehlt dann eine Datei oder ist beschädigt. Meistens passiert das nach dem Aufwachen aus dem Standby, was im Jahr 2025 einfach nicht mehr akzeptabel ist finde ich.

Und ja, graben wir ruhig noch ein wenig weiter ins Detail.

Wer professioneller mit dem Kalender arbeitet, wird merken: Kalenderwochen werden in der Benachrichtigungsübersicht nicht angezeigt. Auch nicht optional. Hintergrund-Apps dürfen zwar laufen, aber sie werden nirgendwo wirklich sichtbar dargestellt. PWA-Apps über Chrome? Funktionieren nicht.
Der Autostart von Programmen klappt nicht zuverlässig und kann irgendwie auch nicht zentral eingestellt werden. Die Handhabung von WINE und EXE-Dateien ist von Haus aus auch nicht vorhanden. Dateien oder Links von einem Fenster ins andere ziehen – so wie man’s von Windows und MacOS gewohnt ist – funktioniert nicht immer.

Und wer den Yoga-Laptop aufklappt, wird manchmal feststellen, dass das Bild auf dem Kopf oder quer steht – vermutlich wegen des Lagesensors, obwohl das Gerät einfach nur auf dem Tisch lag. Zwei Finger im Browser um vor und zurück zu gehen, funktioniert auch als Beispiel nicht in Chrome, aber in Firefox.

Auch eine Lustige Sache: Wenn man als Beispiel die Kamera öffnet und, wie mir passiert ist, unabsichtlich den Kamerazugriff nicht bestätigt, dann kann man in die Einstellungen unter „Datenschutz und Sicherheit“ die Einstellungen für die Kamera öffnen, aber ich habe bisher keinen Weg gefunden, um die Kamera für die App „Kamera“ eben wieder freizuschalten. Also scheinbar keine Kamera-App mehr. Hm.

In den Einstellungen dann noch ein Klassiker: Wenn ich auf „System“ klicke, muss ich dort nochmal „Systemdetails“ auswählen, wenn ich mehr Details möchte. Wieso eigentlich? Der Platz wäre da. Und warum öffnet sich dafür ein kleines, separates Fenster – mit Einträgen, die ohnehin schon doppelt vorhanden sind?

Das Softwarecenter ist über die Jahre richtig gut geworden. Aber warum lädt es trotzdem jedes Mal 10 Sekunden lang beim Start oder nach Installationen? Könnte man das nicht besser cachen oder einfach benutzerfreundlicher gestalten?

Und zuletzt: Fühlt sich irgendjemand in diesem System als „Benutzer“ ernst genommen? Habt ihr euren Namen mal irgendwo gesehen – außer beim Login? In den Schnelleinstellungen? In den Benachrichtigungen? Fehlanzeige. Man muss tief in die Einstellungen – ganz unten bei „System“ – um sich selbst als Nutzer überhaupt zu finden.
Warum wird der Mensch, der das Gerät benutzt, eigentlich so konsequent ausgeblendet? Wer plant sowas? Das ist MEIN System und ich bin nicht ein TEIL dessen. Okay? Man kommt sich vor wie ein USB-Stick.

Ich wiederhole mich vermutlich – seit Jahren, gefühlt. Und wahrscheinlich wird sich daran auch nicht so bald etwas ändern. Ich selbst komme im Alltag mit dem System einigermaßen gut klar (Mit Add-ons, meistens). Aber sobald es um Menschen geht, die einfach einen Desktop-Computer nutzen wollen – ohne technisches Vorwissen –, dann ist Fedora mit purem GNOME leider nur: okay. Mehr nicht.

Aber das will ich fairerweise auch sagen:
Die meisten Standardsachen funktionieren wirklich gut. Der Kalender ist gut. Die Screenshot-App ist einfach und effizient. Die Schnelleinstellungen könnten ein paar Funktionen mehr vertragen (und vielleicht den Nutzernamen anzeigen), sind aber grundsätzlich durchdacht und sehen gut aus. Auch die Benachrichtigungen mit eingebautem Kalender und Wetter – das gibt’s so in kaum einem anderen System. Der Dark Mode funktioniert einwandfrei und sieht gut aus. Die Hintergrundbilder sind stylish. Das System ist schnell, modern und größtenteils stabil. Nur hin und wieder hakt es, aber das ist selten. Besonders gut ist übrigens auch die Suche: Tippt man auf die Windows- oder Super-Taste, dann kommt man in die Übersicht und kann direkt tippen beginnen. Da kommen dann oben Apps, dann Einstellungen, dann Dateien und Kontakte und Software und… Windows 11 kann sich da verstecken im Gegensatz. Dort ist die Suche teils nur dämlich und verändert sich auch von Suche zu Suche. Also GNOME: Beinahe Perfekt! Suchorte (wie bei mir meine Nextcloud) die nicht in den Standard-Ordner sind, muss man in den Einstellungen aber hinzufügen, damit auch dort Dateien gesucht werden.

Auch die Fensterverwaltung ist brauchbar – auf einem 4K-Monitor wünscht man sich manchmal die Option, Fenster auf ein Viertel des Bildschirms zu setzen, statt immer nur halb. Aber es geht auch so. Die Datenverwaltung passt für mich auch gut, sogar im Netzwerk. Und auch auf älterer Hardware, wie meinen alten Laptop aus 2015 mit nur zwei CPU-Kernen, läuft das System absolut brauchbar. Respekt dafür!

Oder, anders gesagt: Die Basis stimmt einfach.

Fedora hat sich über Jahre einen starken Partner gesucht – GNOME.
Nur fühlt es sich manchmal an wie ein wunderschön eingerichtetes Haus, bei dem man die Eingangstür und ein paar große Fenster einfach vergessen hat. Und langsam sieht sich Fedora nach neuen Partnern um.

Multimedia

Installiert man während der Einrichtung die „Third Party Repositories“, lassen sich viele gängige Formate direkt abspielen – Videos und Musik laufen damit größtenteils problemlos. Nur beim H.265-Codec verweigerte das System im Test die Wiedergabe – schade, denn dieser ist mittlerweile weit verbreitet.

Positiv ist hingegen, dass sich Bilder nun endlich auch zumindest grundlegend bearbeiten lassen. Zuschneiden, drehen – das klappt mittlerweile direkt in der Standard-App. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Schön wäre es, wenn künftig noch weitere Funktionen dazukommen – etwa die Möglichkeit, die Dateigröße von Bildern direkt beim Speichern zu reduzieren. Im Test waren einige zugeschnittene Bilder tatsächlich größer als das Original. Hier ist also noch Luft nach oben.

Endlich kann man Bilder etwas bearbeiten - überfällig!

Laptop

Auf dem Laptop lässt sich Fedora mit GNOME grundsätzlich gut nutzen. Vorausgesetzt, man kommt mit der Windows-Taste oder den Gesten auf dem Touchpad zurecht. Wer das verinnerlicht hat, kann sogar recht effizient arbeiten – zumindest in Teilen.

Allerdings bleiben auch hier die typischen Schwächen bestehen: Die Übersicht ist begrenzt, der Fensterwechsel fühlt sich ohne Tastenkombinationen wie Alt+Tab oft träge an, und wirklich effizient wird das Ganze eigentlich erst, wenn man sich zusätzlich vollständig auf das Konzept der virtuellen Arbeitsflächen einlässt.

Und genau das fiel mir persönlich schwer. Die Umstellung ist nicht nur groß, sie erfordert auch eine komplett neue Art zu denken – weg von Fenstern, hin zu „Räumen“. Mir fehlt dabei oft einfach der Überblick. Ein Beispiel: Ich kann damit leben, dass Thunderbird auf einer zweiten (virtuellen) Arbeitsfläche läuft. Aber sobald es komplexer wird, verliere ich den Faden – und damit auch die Übersicht, was wo geöffnet ist.

Vielleicht liegt das an meinen vielen Jahren mit klassischen Desktop-Systemen, vielleicht ist es einfach persönliche Präferenz. Aber ich bin mir sicher: Wenn es mir so geht, bin ich nicht der Einzige.

Schräg - manchmal muss man das Yoga komplett aufklappen um wieder eine horizontale Darstellung zu haben

Desktop

Wie man weiter oben schon merkt: Der klassische Desktop ist nicht gerade die Stärke von Fedora – zumindest nicht in der puren GNOME-Variante. Für mich persönlich ist das System dort einfach nicht gut zu bedienen. Und das sage ich, obwohl ich den Look mag. Das Gerüst, also die technische Basis, ist solide. Aber selbst mit Tastaturunterstützung hat man oft zu lange Mauswege, wenig Überblick – und es sammeln sich schnell zu viele Fenster an, weil man kaum etwas minimiert. Dafür schließt man Fenster eher, was einem wieder langsamer machen kann.

Was ich mir ständig wünsche: einfach mit der Maus nach unten fahren können, um das Dash zu öffnen. Aber nein – man muss nach wie vor in die linke obere Ecke. Und auch wenn das mit der Zeit tatsächlich schneller funktioniert, wird es gerade auf großen Monitoren irgendwann einfach nervig. Dieses ständige „Übersicht öffnen“, um einen Blick auf alle Apps und Fenster zu bekommen, ist visuell und mental anstrengend.

Besonders deutlich wird das bei der Arbeit mit zwei LibreOffice-Calc-Fenstern: Der Wechsel zwischen ihnen über die Übersicht fühlt sich an wie ein Umweg übers Dach, um in den Keller zu kommen. Und dabei geht einem jedes Mal der Fokus verloren – im wahrsten Sinne des Wortes. Und kostet eben Zeit.

Wie so oft bei GNOME ist das Bedienkonzept rund um Fensterverwaltung, Übersicht und Dash durchaus innovativ gedacht. Doch genau da liegen auch die größten Schwächen – gerade auf einem traditionellen Desktop-System. Denn dort arbeitet man. Mit vielen Fenstern, mit großen Monitoren und mit möglichst wenig Ablenkung.

Games

Linux-eigene Spiele und auch Steam machen unter Fedora kaum Probleme – im Gegenteil, vieles funktioniert auf Anhieb und macht richtig Spaß. Das liegt auch am generellen Fedora-Prinzip, stets mit sehr aktueller Software zu arbeiten. So war auf meinem Testsystem bereits der Linux-Kernel 6.14 installiert – offiziell erschienen am 24. März 2025. Für Gaming ist das ein echter Pluspunkt.

Ich spiele hauptsächlich ältere Titel – mein Laptop ist schließlich kein Gaming-PC – und konnte diese allesamt problemlos starten. Voraussetzung war lediglich, in den Steam-Einstellungen die Kompatibilität für alle Titel zu aktivieren (Stichwort: Proton). Danach lief alles rund.

Selbst Ubisoft Connect hat sich beim Start der Anno History Edition automatisch installiert – das Spiel lief stabil, flüssig und ohne Eingriffe. Schön zu sehen, dass sogar solche Drittplattformen einfach so im Hintergrund funktionieren.

Ein schönes Detail – aber durchaus relevant für Linux-Gamer: Mit Kernel 6.14 ist auch der neue NTSYNC-Treiber enthalten. Dieser verbessert die Performance bei Windows-Spielen, die über Proton laufen – teilweise spürbar. In einigen Fällen sind es nur ein paar zusätzliche Frames, in anderen wird von drastischen Verbesserungen gesprochen. Klar ist: Wer unter Linux zocken möchte, profitiert hier ganz direkt von Fedoras Aktualitätsanspruch.

Gelegenheitsspiele gibt es im Store mehr als genug

Conclusio

Es tut manchmal richtig weh, über Fedora mit GNOME zu schreiben. Weil es sich jedes Mal wieder anfühlt wie ein System mit extrem viel Potenzial – das dann aus reiner Sturheit an der Realität vorbeientwickelt wird. Wortwörtlich.

GNOME und KDE könnten kaum unterschiedlicher sein. Und genau das sollte man sich bewusst machen, bevor man sich für eine Fedora-Variante entscheidet.

Es mag sein, dass die GNOME-Entwickler ein klares Bedienkonzept im Kopf haben – und glauben, es sei das Beste der Welt. Aber wenn dem so ist, dann sollten sie aufhören, sich auf Desktop-Computer zu konzentrieren. Dann sollen sie GNOME halt konsequent für Tablets oder ähnliche Geräte entwickeln. Auf dem Laptop geht das Bedienkonzept gerade noch durch – auf einem PC mit großem 4K-Monitor wird es zur Zumutung. Auch bei ernsthafter Arbeit mit vielen Fenstern.

Was GNOME (und damit Fedora) das Genick bricht, ist der völlige Unwille, wenigstens grundlegende Einstellungen optional anzubieten.

Meine Wunschliste wäre denkbar einfach: In der Willkommens-App gefragt zu werden, ob man das Dash dauerhaft anzeigen möchte – unten, links oder rechts. Mit Optionen von automatisch verstecken und erscheinen, wenn man mit der Maus an die untere Kante fährt. Und ob man Fenster-Buttons zum Minimieren und Maximieren haben will.
Würde das kommen, wäre ich fast schon zufrieden – und könnte das System auch mit gutem Gewissen weiterempfehlen.

Aber aktuell ist das nicht der Fall. Stattdessen muss man Erweiterungen installieren, von denen man nie weiß, ob sie das nächste große Update überleben. Erweiterungen, die man fast zwingend braucht, um das System vernünftig nutzen zu können.

Und das, nochmal ganz deutlich gesagt: Kein normaler User wird sich mit Erweiterungen und Anpassungen beschäftigen. Nicht bei Windows, nicht bei macOS, nicht bei Android, nicht bei iOS – und eben auch nicht bei Fedora. Wenn das nicht „Out of the box“ vernünftig funktioniert, dann ist es für viele schon vorbei.

Für GNOME in Fedora ist der User teil des Systemes. Nichts wichtiges sozusagen

Damit schließen wir das Kapitel Fedora 42 mit einer klaren Ansage:
Dieses System ist nichts für den Durchschnitts-User. Nicht für Menschen, die einfach ein Betriebssystem nutzen wollen, ohne es erst verstehen und konfigurieren zu müssen. Nicht für Menschen, die sich auf Bekanntes stützen möchten. Nicht für Menschen, die den Desktop einfach als Arbeitsmittel sehen.

Und das ist wirklich schade.

Denn Fedora ist ein gutes System. Es ist aktuell, stabil, technisch sauber aufgebaut. Und GNOME bringt ebenfalls eine hervorragende technische Basis mit – modern, elegant, klar. Die Designsprache trifft für mich nach wie vor voll ins Schwarze: gelebter, gut balancierter Minimalismus.

Und dann kommt die Bedienung.

Ist es Unwille? Sturheit? Unwissen? Oder einfach ein so starres Festhalten an einem Konzept, dass man lieber alle bestehenden Nutzer:innen vor den Kopf stößt, als von der Linie abzuweichen – selbst wenn sie nicht durchgehend funktioniert?

Vielleicht denken die GNOME-Entwickler an Tablets. Vielleicht steht da ein großer Deal mit einem Hersteller von Tablets im Raum. Wenn nicht, dann sage ich nur: Macht bitte die Augen auf. Wer nutzt euer System? Was wird seit Jahren kritisiert? Wieso hört ihr nicht hin?

Es ist völlig okay, anders sein zu wollen. Aber versteht doch: Wenn ihr euch komplett vom realen Nutzungsverhalten abkoppelt, macht ihr euch selbst überflüssig. Dann seid ihr nicht mehr innovativ – sondern einfach nur eines von vielen Systemen, das nicht durchgehend funktioniert. Nicht mal auf dem Steam Deck hat GNOME überzeugt – mit Touchscreen! Sollte das nicht genau euer Fokus sein?

Und damit nochmal zurück zu Fedora: Das Team hat KDE auf das gleiche Niveau wie GNOME gehoben.
Wenn euch das nicht zum Nachdenken bringt – dann habt ihr vielleicht eh schon verloren.

Dann zieht euer Ding weiter durch – aber macht Platz. Für KDE. Für Mint Cinnamon. Für Pop!_OS.
Für all die Systeme, die ihre Nutzer:innen verstehen – und die auch mal zuhören. UND ihr widersprecht euch auch selbst mit eigenen „ein System für alle“ Aussagen, zumindest wenn es nach meinem Verständnis geht.

Selbst schuld.

PS:

Persönliche Anmerkung

Diesmal etwas Schroff und mit viel Fokus auf die Oberfläche GNOME – aber vielleicht zu verstehen als Motivation für die Entwickler sich ENDLICH zu bewegen. Langsam wird es eng.

Grundsätzlich bin ich enttäuscht, da ich GNOME mag und Fedora auch ein täglicher Begleiter ist für viele Wochen und Monate im Jahr (bis ich was anderes teste). Aber meist nur mit Add-Ons, wobei mir „Dash to Dock“ ausreicht, sowie über GNOME Optimization den Minimieren-Button einblenden und dort womöglich Startprogramme einstellen). Damit nicht unbedingt mit dem vorgesehenen Bedienkonzept. Ja ich verwende hin und wieder die Übersicht und teilweise auch die Arbeitsflächen, aber nie so exzessiv, wie man es scheinbar sollte.

Als Außenstehender ist das ganze einfach zu lösen: Über Gerätekategorien. Man erkennt die Bildschirme und Eingabegeräte oder fragt einfach danach. Dann blendet man Dash und Fenstersteuerung entsprechend dauerhaft ein (oder kopiert einfach „Dash to Dock“). Womöglich verändert man auch Icon-Größen und macht es für Touch oder Maus besser bedienbar. Damit müsste man nicht mal das Grundkonzept abändern, nur einige Optionen bieten.

Ich BITTE euch Entwickler sogar, endlich zu reagieren. Schaut euch die Entwicklungen rundherum an, schaut euch an was passiert, wenn man an der eigenen Zielgruppe vorbei arbeitet. Ihr habt nicht die Marktmacht um sowas zu erzwingen. Nichtmal Kodak hatte das, auch Nokia nicht, auch Blackberry. Atari? Blockbuster?

Wollt ihr ersetzt werden? Oder ist die Nische euch genug?

Ich finde es fehlt nicht all zu viel.
Steht auf und passt euch wenigstens etwas an, denn bald ist es wirklich zu spät.

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